Konflikte sind, auch im Training, grundsätzlich erst einmal nichts schlechtes. Sie können zwischen den Teilnehmern, zwischen den Teilnehmern und den Trainern oder innerhalb der Trainergruppe auftreten. Oftmals bieten Konflikte einen guten Anlass zur Selbstreflexion und nicht selten haben sie ein konstruktives Ergebnis für alle Beteiligten. Wir neigen im Alltag oftmals dazu Streit zu vermeiden. Dabei kann eine gute Streitkultur etwas sehr wertvolles sein. Was wir natürlich aber insbesondere in einem Seminar unter keinen Umständen wollen, ist das ein Konflikt eskaliert. Um das zu verhindern, macht es Sinn nachzuvollziehen, wie Eskalationen ablaufen und wie man erkennt, auf welcher Eskalationsebene sich ein Konflikt befindet.
Im Jahr 1980 stellte Friedrich Glasl hierzu sein noch heute gerne genutztes Phasenmodell der Eskalation vor. Es unterteilt einen Konflikt in 3 Phasen, die sich jeweils aus 3 Stufen zusammensetzen.
Grade die letzten 6 Stufen klingen sehr drastisch und wir sind froh, dass sie im Trainingsbereich eigentlich nie eine Rolle spielen. Die ersten drei sollte man sich jedoch im Detail merken. Zudem ist es sinnvoll, sich bestimmte Punkte zu merken, die darauf hindeuten könnten, dass ein Konflikt auf die „2. Ebene“ gehoben wird. Ab hier wird es immer schwerer, ihn im Guten zu klären.
Jeder Konflikt hat einen Anfang und desto früher er aufgelöst wird, umso weniger Schaden entsteht auf beiden Seiten. Dies sollte immer unser Ziel sein, denn oft sind Konfliktursachen ganz banal. Denkt also das nächste Mal, wenn Ihr in eine Konfliktsituation geratet an das Modell von Glasl und versucht einzuschätzen, auf welcher Stufe sich der Konflikt grade befindet.
Im nächsten Beitrag möchten wir Euch ein Modell von Ruth Cohn vorstellen, mit dem man Konflikte gut bearbeiten kann, wenn etwas Zeit zur Verfügung steht. Wir möchten Euch bereits jetzt aber ein paar Strategien mitgeben, die immer dann sinnvoll sind, wenn nur wenig Zeit vorhanden ist:
Raum lassen
Natürlich können wir nicht einfach den Raum verlassen. Aber wir können uns der Situation entziehen oder dem Teilnehmer eine „Fluchtmöglichkeit“ bieten, indem wir eine Pause vorschlagen oder unseren Seminarverlauf abändern und so zumindest gedanklich aus dem Konfliktfeld entkommen.
Durchsetzen
Diese Strategie ist immer etwas gefährlich, weil sie konfrontativ ist. Manchmal ist es aber notwendig, dass wir eine bestimmte Methode oder Technik genauso anwenden, wie geplant, auch wenn ein Teilnehmer ihr ablehnend gegenüber steht. Hilfreich kann es dann sein, die eigenen Positionen mit festen Regeln zu verteidigen und sie zu erklären. Dies ist eine im Allgemeinen sehr stark akzeptierte Form der Durchsetzung.
„Ich verstehe Deinen Punkt, aber in den AHA-Leitlinien ist folgendes festgelegt (…) Von daher müssen wir dies in einem AHA Kursformat natürlich auch so unterrichten“.
Nachgeben
Wir alle geben nicht gerne nach, aber diese Strategie ist grade bei Situationen, in denen die Stimmung akut zu kippen droht, sehr wertvoll.
Die wichtigsten Fragen zuvor sind aber:
- Warum möchte ich nicht nachgeben? (Geht es um eine Sachfrage oder um meinen Stolz?)
- Was kostet es mich hier nachzugeben? (Geht z.B. inhaltliche Qualität des Kurses verloren?)
Meist geht es beim Nachgeben nämlich nicht um die eigentliche Streitfrage und die Kosten sind gering. In diesem Falle ist Nachgeben eine sinnvolle Option.
Anders verhält es sich natürlich, wenn ein Nachgeben in einer Sachfrage direkte negative Auswirkungen hätte, etwa wenn wir bei einer Fachfrage eine gefährliche Aussage um des lieben Friedens Willen als richtig akzeptieren.
Ansprechpartner wechseln
Manchmal haben wir es mit bestimmten Teilnehmern schwerer als mit anderen. Oder vielleicht ist es auch andersherum: Ein Teilnehmer hat es mit uns als Trainer besonders schwer. Grade in solchen Situationen ist „Delegieren“ eine sinnvolle Option. Trainierende brauchen einen Ansprechpartner, dem sie vertrauen und der Ihnen einen geschützten Raum ermöglicht, um neues zu lernen. Stimmt also einmal die Chemie nicht, sollten wir andere Trainerkollegen um Hilfe bitten.
Einen guten Kompromiss finden
Diese Strategie stellt ein wenig die Königsdisziplin der Konfliktlösung dar, denn sie setzt voraus, dass ich eine Ahnung davon habe, was die konkrete Motivation meines Gegenübers und natürlich meine eigene ist. Achtung: Mit Motivation ist nicht das Verhalten, sondern der Antrieb dahinter gemeint. Wenn ich das (z.B. durch geschicktes Fragen) herausfinde, kann ich mir Gedanken zu einem möglichen Kompromiss machen.